Sommerfest und Ausstellung Visions of Beauty – Rundgang im Erdgeschoss

 
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Sommerfest und Ausstellung in der Cadoro


Am 24. Oktober 1979 eröffnete die Galerie Dorothea van der Koelen in Mainz-Bretzenheim ihre Pforten. 35 Jahre später – am 2. November 2014 – wurde die Cadoro, das Zentrum für Kunst und Wissenschaft in Mainz-Hechtsheim eröffnet. Beide Jubiläen sollen nun mit der Ausstellung Visions of Beauty gewürdigt und gefeiert werden.

Im Film der Woche führt die Galeristin Dr. Dorothea van der Koelen durch den Ausstellungsraum im Erdgeschoss und stellt die dort präsentierten Arbeiten, die Künstler und ihre gemeinsame Geschichte mit Ihnen im Detail vor. Im Erdgeschoss werden im Zuge der großen Jubiläumsausstellung folgende Künstler präsentiert:

Seit seiner fulminanten Teilnahme an der 55. Kunst-Biennale von Venedig gilt Mohammed Kazem als einer der bedeutendsten und vielversprechendsten Künstler seiner Generation. 2013 realisierte er im Pavillon der Vereinigten Arabischen Emirate die raumgreifende, beeindruckende Installation Walking on Water aus der Serie »Directions«. 2023 begeisterte Kazem sein internationales Publikum mit einer umfangreichen, fulminanten Solo-Show im Ludwig Museum in Koblenz. In seinem Werk beschäftigt sich Kazem mit den Kategorien von Zeit, Ort und Raum, in dem er versucht, das Flüchtige, das Vergängliche eines Augenblicks einzusammeln. Werkserien wie Collecting Light und Coordinates entwickeln auf visueller Ebene seine poetische und existentielle Suche nach dem Ungreifbaren.

Der Begriff der ›Zeit‹ wird in unterschiedlichen Bildtexten von Heinz Gappmayr – wie im ausgestellten Werk Zeit (Aquatec auf Leinwand über Holz, 240 x 164 cm, 1983) – unter immer unterschiedlichen Gesichtspunkten und in unterschiedlichen Dimensionen visualisiert, hinterfragt und erweitert. Der österreichische Konzept-Künstler, dem Dorothea van der Koelen ihre Dissertation widmete (»Das Werk Heinz Gappmayrs – Darstellung und Analyse«, 1993), gilt als ›Meister der visuellen Poesie‹. Im Rahmen der Ausstellung erscheint auch eine neue Sonderedition von Heinz Gappmayr, die Blindprägung Wolke, die sich auf einen Text aus dem Jahre 1986 bezieht (WVZ 666/86) und in einer Auflage von 45 Exemplaren realisiert wurde.

Das Denken und das Schaffen des Schweizer Konkreten Gottfried Honegger waren durchdrungen vom tiefen Glauben an die Kraft der Kunst, an die Wirkung von Kunst und ihre Folgen. Seine Überzeugung lautete: Die Auseinandersetzung mit Kunst verändert den Menschen, macht ihn sehend und, wie die alten Griechen schon dachten, damit zugleich erkennend. Nach Honnegger bedeutet die Erfahrung mit der Kunst eine große Chance und ein Glück. Die langjährige Zusammenarbeit von Dorothea van der Koelen und Gottfried Honneger (bis zu dessem Tod im Jahr 2016) wird durch zahlreiche Publikationen und Ausstellungsprojekte belegt. Die Galeristin präsentiert in der Ausstellung sein großformatiges, historisches Werk Tableau-Relief P 832.

Das Wasser und die Elemente fließen in die Arbeiten des großen italienischen Vertreters der Video-Kunst Fabrizio Plessi ein, den Dorothea van der Koelen vor Jahrzehnten in Venedig kennenlernte. Für Plessi ist ein Bildschirm Materie, die er als Künstler benutzen und formen kann, um das eigene Universum zu gestalten. Wie ein Wasserfall aus kostbarem glänzenden Gold fließt das Licht in seiner großformatigen Installation Gold (Videoinstallation mit 2 TV, 2024). Eine geräuschlose Zäsur in der Mitte verändert leicht die Strömung des Wasserfalls. Es wirkt wie in einem Traum. Für die Ausstellung in der CADORO hat Plessi auch eine neue Arbeit realisiert: Splash (blue) (Videoinstallation mit 1 TV, 2024), in der die Bewegung des Wassers ins Gespräch mit der strahlenden Farbe Blau tritt.

Geräuschlos und einzigartig ist auch das historische Werk Zwischentöne (Buchenstammsegment, Harmonika, Nägel, Farbe, 1987) vom weltweit anerkannten Meister der ZERO-Gruppe Günther Uecker. »Den Ablauf einer Bewegung sichtbar zu machen, als Zustand einer Lebendigkeit, an der der Mensch teilnimmt in schöpferischer Wiederholung, in Monotonie, ist in der Tat eine erregende Aktion, die wie ein Gebet geistig erlebt werden kann.«, so Günther Uecker »Meine Objekte sind eine räumliche Realität, eine Zone des Lichtes. Ich benutze mechanische Mittel, um die subjektive Geste zu überwinden, zu objektivieren, eine Situation der Freiheit zu schaffen.«

Die Werke des italienischen Vertreters der ZERO-Bewegung Turi Simeti ermöglichen eine andere, dreidimensionale Erfahrung von Licht, Form und Raum. Seine berühmten ›Ovali‹ ragen aus der flachen Dimension des Bildes heraus und scheinen wie Skulpturen zu stehen, sich zu drehen und zuweilen fast sogar im Raum zu ruhen oder zu schweben wie die fünf Ovale in seinem ausgestellten roten Bild Cinque ovali rossi (Rote Leinwand mit Relief, 200 x 200 cm, 2018).

David Rabinowitch, wird in der Ausstellung mit dem ungewöhnlichen Werk Freely Bound Conic Mass Planes (in 10 Masses) (130 x 100 x 13 cm, Stahl in 130 mm) aus dem Jahr 1970 vertreten und zwei wertvollen Zeichnungen mit dem Titel Construction of Vision (1970, je 76 x 54 cm). »In diesen wunderschönen, klaren und doch sehr poetischen Zeichnungen steckt die pure Idee des Kunstwerkes, die in den Gesten des Schneidens und des Bohrens angedeutet wird. « (Dorothea van der Koelen).

Die Werke aus der Wittgenstein-Serie belegen Joseph Kosuths langjährige Auseinandersetzung mit den Theorien des österreichischen Philosophen. Der amerikanische Begründer der ›Konzept-Kunst‹ erforschte die sprachliche Ebene der Aussagen Wittgensteins in unterschiedlichen Kontexten. Kosuth war stets bestrebt, eine Theorie und Praxis der Kunst zu entwerfen, die eher dynamisch als illustrativ sein sollte, und bei der der Künstler zum engagierten Protagonisten in der Untersuchung und Analyse umstrittener Bedeutungen wird. In der CADORO präsentiert er das von Wittgenstein inspirierte Werk #II49. (On Color/Multi #7) (Neon-Installation in 7 Farben mit dem Text: »II 49° The coloured intermediary between two colours«, 1991).

Farben, Strukturen, Linien, sowie Licht und Schatten stehen im Vordergrund in den Arbeiten des südkoreanischen Künstlers Nam Tchun-Mo. Als berühmter Vertreter der etablierten Dansaekhwa-Bewegung (eine Kunstbewegung, die vergleichbar mit der ZERO-Bewegung in Europa ist) realisiert Nam Tchun-Mo Werke, die abstrakt und weitgehend monochrom sind. Die Schönheit seiner Werke entfaltet sich durch die Einfachheit der Komposition, durch das Licht- und Schattenspiel der Beam-Strukturen (Beam 2014 und Beam 16-84), oder durch den poetischen Schwung der wellenförmigen Linien, der wie ein Wind das Bild in Bewegung zu setzen scheint (Spring 20-44 oder Spring 20-50).

Ein dem Schachbrett verwandtes Gitternetz dient dem Düsseldorfer Bildhauer Ulrich Rückriem als Raster, an dem er sich bei der Platzierung seiner Skulpturen orientiert. Dem so genannten Damenproblem (8 Granit-Skulpturen, jeweils 5-seitig gesägt) folgend dürfen dabei jeweils nur eine Vertikale, Horizontale und Diagonale besetzt werden. Das Damenproblem ist eine schachmathematische Aufgabe. Es sollen jeweils acht Damen auf einem Schachbrett so aufgestellt werden, dass keine zwei Damen einander gemäß ihren in den Schachregeln definierten Zugmöglichkeiten schlagen können. »Seit mehreren Jahrzehnten schätze ich die Arbeit von Rückriem. Wir sind aber früher nie zusammengekommen.«, so Dorothea van der Koelen »Daher freue ich mich heute ganz besonders, endlich sein Werk zeigen zu können!«

Von Anfang an war mir die Schönheit in der Kunst ein wichtiges Anliegen und je mehr Ausstellungen ich realisierte und je mehr Künstler ich kennen lernte mit denen ich stets in engem Dialog stand, desto mehr verliebte ich mich in die ›reine Kunst‹ (l’art pour l’art), eine Kunst ohne Darstellung und ohne Bedeutung. Das, so erkannte ich (zumindest für mich) war die wahre Kunst, die freie Kunst in der alle Gedanken möglich waren, Gedanken, die jeder einzelne für sich persönlich in seiner eigenen Art und Weise haben konnte. In dieser Kunst war (und ist) keine Deutung falsch.

Dorothea van der Koelen


Dr.  Dorothea  van der Koelen

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