Mario Reis
Charakteristisch für das Schaffen des 1953 im oberschwäbischen Weingarten geborenen Mario Reis ist die von ihm initiierte Eigendynamik von elementaren Kräften unter Mitwirkung vielfältiger Medien, die er aktiv an dem kreativen Gestaltungsakt teilhaben lässt. Sein variationsreiches Spektrum umfasst dabei von bildnerisch festgehaltenen Zugspuren, über fließende Gewässer in seinen Naturaquarellen, echte Knallfrösche in den Partituren eines Froschkonzertes, Champagnerkorken-Stempelbilder bis hin zu Oxidations-Prozessen von Salz und Kupfer, deren gestalterischem Potenzial Mario Reis künstlerische Form verleiht.
Die sog. Blindzeichnungen aus dem Manifest der Impulse entstehen indem Mario Reis Bleistifte (oder gelegentlich auch Farbstifte) an seinen Fingern befestigt, die Augen verschließt und – je nach Projekt – die Finger auf dem Papier tanzen lässt (Tanz der rechten Hand), oder in einem Schwebezustand nur die Spitzen der Bleistifte aufsetzt, ohne irgendeine geplante Bewegung, die mit der Zeit zitternde Spuren (der Erschöpfung) hinterlassen (Körperschwingungen) oder in turbulenter Dynamik, zwar gesteuert, aber ohne jede Komposition (da die Augen ja verschlossen sind), das Blatt in Besitz nehmen (Manifest der Impulse). Keine dieser Blindzeichnungen wäre je wiederholbar. Alle sind Momentaufnahmen der jeweiligen physischen und psychischen Beschaffenheit, Notationen des Lebens.
Entstanden sind die ersten Blindzeichnungen in der Schweiz, als der ehemalige Meisterschüler von Günther Uecker bei einem Studienaufenthalt mit Uecker und seiner Klasse 1980 in einer psychiatrischen Klinik in Littenheid seinen Beobachtungen und Wahrnehmungen künstlerischen Ausdruck verleihen wollte. Das Leben mit den Patienten der Klinik hatte eine eigentümliche Wirkung auf den jungen Künstler, es war eine eigene Welt, die abseits von allem Bekannten war. In seinen Blindzeichnungen ist er damals in Dialog getreten.
Die Schmauchspurarbeiten mit Feuerwerkskörpern, sog. Knallfröschen entstehen unter dem Titel Partitur eines Froschkonzertes im wesentlichen ab 1984, gehen aber letztlich auf seine Zugspuren und Schienenbilder von 1978 zurück, bei denen ein Schnellzug bereits Schmauchspuren auf einer weiß gestrichenen Leinwand hinterließ. In der Folge montierte Mario Reis Knallfrösche auf Leinwand und zündete sie an, dann wickelte er Feuerwerkskörper in Tücher ein oder sperrte sie in geschlossene Kästen, in denen sie beim Entzünden ihr Eigenleben entwickelten und Schmauchspuren hinterließen. In jüngster Zeit tauchte er die ‘Frösche’ in Farbe, wechselte die Bildträger und Materialien und kombinierte das Bildergebnis mit weiteren Elementen, die gelegentlich inhaltlich deutbare Assoziationen hervorrufen und - durch Titel wie ›Frosch in der Falle‹ - ganz deutlich auch die humorvolle Seite des Künstlers belegen.
Verblüffend dabei ist, dass die Bildergebnisse von Mario Reis, die doch niemals im herkömmlichen Sinne ‘gestaltet’ sind, deren Gestaltungsprozesse lediglich vom Künstler initiiert (und beendet) werden – einem Choreographen gleich – gleichwohl immer eine hohe ästhetische Realität aufweisen, eine nahezu malerische Poesie in Schönheit und Authentizität.
Reis studierte von 1973 bis 1978 an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf. Von 1978 bis 1979 war er Meisterschüler von Prof. Günther Uecker. Seine Werke befinden sich in zahlreichen öffentlichen und privaten Kunstsammlungen weltweit.
Werke

Mario Reis ‧ Cement Creek, Colorado, USA ‧ 1998
Naturaquarell-Serie auf Baumwollstoff, 9-teilig, ges. 180 x 180 cm
Mario Reis ‧ Naturaquarelle DDR ‧ 1990
Naturaquarelle auf Baumwollstoff, 77-teilig, je 62 x 62 cm
Mario Reis ‧ Daisy Creek, Montana, USA ‧ 1998
Naturaquarell-Serie auf Baumwollstoff, 4-teilig, ges. 120 x 120 cm.jpg)
Mario Reis ‧ Creek, Utah (USA) ‧ 1992
Naturaquarell auf Baumwollstoff, 62 x 62 cm
Mario Reis ‧ Rothschild ‧ 1980
Champagnerkorkenstempeldruck, 75 x 75 cm
Mario Reis ‧ Moet & Chandon Dom Perignon ‧ 1979
Champagnerkorkenstempeldruck, 75 x 75 cm
Mario Reis ‧ Partitur eines Froschkonzertes ‧ 1986
Schmauchspuren, Knallfrösche auf Leinwand, 190 x 490 cm
Mario Reis ‧ Knallbuntes Froschkonzert ‧ 1987
Schmauchspuren, Knallfrösche auf Leinwand, 60 x 60 cm
Mario Reis ‧ Schienenarbeit ‧ 1990
Bleischiene (Zugradabdruck auf Blei), 58 x 31 cm
Mario Reis ‧ Springfrösche ‧ 1984
Schmauchspuren, Knallfrösche auf Baumwollstoff, 55 x 55 cm
Mario Reis ‧ Frösche im Goldrausch ‧ 1990
Schmauchspuren, Knallfrösche auf Holz, 76,5 x 76,5 cm
Mario Reis ‧ Methode zur Ableitung der Eigenschaft eines Gegenstandes aus seinem Begriff ‧ 2004
Knallfrösche, Mausefallen, Holz, 64 x 38 x 6 cm
Mario Reis ‧ Frosch in der Falle ‧ 2010
Karton, Knallfrösche, Mausefalle, Schmauchspuren, 25 x 25 cm gerahmt, Aufl. unlim.
Mario Reis ‧ Zugzeichnung 1 ‧ 1979
Zugspur auf Bristol als VA zum Katalog, 23 x 23 cm, 9 Unikate
Mario Reis ‧ Oxidation 1 ‧ 2017
Bristol säurefreier Karton, 23 x 23 cm, Unikat
Mario Reis ‧ Frosch im Farbenrausch, C ‧ 2017
Bristol säurefreier Karton, Knallfrösche und Acrylfarbe, 25 x 25 cm, gerahmt, Unikat
Mario Reis ‧ Rosenbild II ‧ 2018
Rosenblüten auf Bristol, 23 x 23 cm, Unikate
Mario Reis ‧ Rhein, Deutschland ‧ 1985
Naturaquarell auf Baumwollstoff, 62 x 62 cm.jpg)
Mario Reis ‧ Blindzeichnung BR-23 (23-11-1990) ‧ 1990
Buntstift auf Papier, 56 x 45 cm
Mario Reis ‧ Blindzeichnung 25 ‧ 2016
Farbstifte auf Bristol als VA zum Katalog, 23 x 23 cm, 20 Unikate (Farbe)
Mario Reis ‧ Blindzeichnung A ‧ 2018
Bleistift, 35 x 25 cm
Mario Reis ‧ Blindzeichnung Nr. 08 ‧ 2018
Bleistift auf Papier, 35 x 25 cm
Mario Reis ‧ Blindzeichnung Nr. 20 ‧ 2018
Bleistift auf Papier, 35 x 25 cm
Mario Reis ‧ Blindzeichnung Nr. 25 ‧ 2018
Bleistift auf Papier, 35 x 25 cm
Mario Reis ‧ Blindzeichnung Nr. 26 ‧ 2018
Bleistift auf Papier, 35 x 25 cm
Mario Reis ‧ Blindzeichnung Nr. 27 ‧ 2018
Bleistift auf Papier, 35 x 25 cm
Mario Reis ‧ Blindzeichnung Nr. 1 ‧ 2020
Farbstifte auf Bristol, 56 x 40 cm
Mario Reis ‧ Blindzeichnung Nr. 2 ‧ 2020
Farbstifte auf Bristol, 56 x 40 cm
Mario Reis ‧ Blindzeichnung Nr. 3 ‧ 2020
Farbstifte auf Bristol, 56 x 40 cm
Mario Reis ‧ Blindzeichnung Nr. 4 ‧ 2020
Farbstifte auf Bristol, 56 x 40 cm
Mario Reis ‧ Blindzeichnung Nr. 5 ‧ 2020
Farbstifte auf Bristol, 56 x 40 cm
Mario Reis ‧ Blindzeichnung Nr. 6 ‧ 2020
Farbstifte auf Bristol, 56 x 40 cmBiographie
1953 | Geboren am 24. Dezember in Weingarten |
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1973-78 | Studium an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf |
1978-79 | Meisterschüler von Prof. Günther Uecker |
lebt in Düsseldorf und USA |
Preise und Auszeichnungen
1972 | Förderstipendium der Stadt Gelsenkirchen |
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1976-77 | Paris-Stipendium, Cité International des Arts |
1978 | Casa Baldi, Italien Stipendium des Landes NRW |
1979 | Förderpreis der Staatlichen Kunstakademie, Düsseldorf |
1979-80 | DAAD-Stipendium nach Paris |
1981 | Kunstpreis der Stadt Gelsenkirchen |
1982 | Barkenhoff-Stipendium |
1990 | Silber-Preis der Osaka Triennale, Japan |
1995 | Gelsenkirchen-Stiftung, Publikationsförderung |
1996 | Suntory Prize, Osaka Triennale, Japan |

Einzelausstellungen
Publikationen

Mario Reis Hommage au Champagne – ein alphabetisches Diarium
2021

Die Schönheit der Materie The Beauty of the Matter
2016

Panta rhei Alles fließt
2005

Mario Reis Retrospektive 50 – 20 – 25
2005

Mario Reis ZEITRAUM Nr. 28
2004

20 Jahre für die Kunst ... & - >
1999

Mario Reis Arbeiten 1977 – 1986
1986
Editionen

Mario Reis Blindzeichnung 11
2016

Mario Reis Blindzeichnung 12
2016

Mario Reis Pol Roger, Jeroboam
1987

Mario Reis Schmauchspur
1983
Weitere Editionen Für Freundeskreis-Mitglieder zum Vorzugspreis erhältlich