Fabrizio Plessi

Zum 85. Geburtstag · Historische Werke + Neuerfindungen – 17. Dezember 2025 CADORO Mainz

 

Die Poesie des Digitalen

In diesem Sommer und zu Ehren des 85. Geburtstages von Fabrizio Plessi präsentieren wir Ihnen in der Cadoro – Zentrum für Kunst und Wissenschaft in Mainz pünktlich zu unserem diesjährigen Sommerfest am 16. August 2025 eine Einzelausstellung von Fabrizio Plessi mit zentralen Arbeiten aus dem umfangreichen Œuvre des Wahlvenezianiers und Pioniers der Videokunst.

Fabrizio Plessi (*1940 in Reggio Emilia, Italien) ist ein international gefeierter Pionier der Medienkunst. Seit den 1970er-Jahren zählt er zu den ersten Künstlern Europas, die das bewegte Bild – Video – als eigenständiges künstlerisches Medium in den Raum gebracht haben. In seinen Installationen treffen Natur und Technologie, Emotion und Elektronik, Mythos und Moderne in eindrucksvoller Weise aufeinander.

Zentrales Thema seines Werks ist die Elementarkraft der Natur, vor allem das Wasser – fließend, ungreifbar, energiegeladen. Plessi überträgt diese urtümliche Kraft in das Digitale: Monitore, Stahl, Licht, Klang und visuelle Rhythmen verschmelzen zu immersiven Bildwelten, die den Betrachter nicht nur visuell, sondern körperlich erfassen. Seine Arbeiten sind keine Objekte im klassischen Sinn, sondern Erfahrungsräume, in denen das Digitale eine fast rituelle Qualität erhält.

In der Mainzer Ausstellung werden sowohl historische Werke als auch neueste Bilderfindungen gezeigt. Im Glashausfoyer empfängt den Besucher die 6 Meter hohe Videoskulptur in Form eines venezianischen traditionellen Sanpirota-Bootes mit dem Titel Mare Verticale (2009). Sie bezieht sich unmittelbar auf Plessis Beitrag zur Weltausstellung der Expo 2000 in Hannover, bei der er ein 45 m hohes Boot mit digitalem Wasser in Monitoren in den Himmel ragen lies, was wenige Jahre später 2005 am Eingang der Giardini zur Biennale in Venedig in der Lagune wieder seine Aufstellung fand. Betritt man den Ausstellungssaal im EG der Cadoro begegnet man zuerst der historischen Videoskulptur Armadio dell’architetto von 1990. Die meisten dieser Armadi, etwa ein Dutzend, entstanden 1989 – 1990 und werden in der Ausstellung begleitet von kleinformatigen Zeichnungen und Projektskizzen, die 1998 als Vorzugsausgaben zum Opus Video Sculpture erschienen sind, dem 500-Seiten dicken Ausstellungsbuch zu Fabrizio Plessi, das von Dorothea van der Koelen verfasst und vom Chorus-Verlag für New York herausgegeben wurde.

Ebenso im linken Teil des Raumes findet sich die historische Bodenskulptur Omaggio a Venezia, die zur Eröffnung der Venezianischen Dependance der Galerie Dorothea van der Koelen 2001 entstand und mit traditionellen Goldmosaiken, analog zum Markusdom in Venedig, in einer Stahlkonstruktion hergestellt wurden, in der ein Monitor digitales Goldwasser im Mosaik-Modus fließen lässt. Begleitend dazu gibt es Zeichnungen zum Thema.

Im linken Teil des Ausstellungssaals in der Cadoro gibt es jüngere Video-Skulpturen von Fabrizio Plessi. In den letzten 6 Jahren hat Fabrizio Plessi das Äußere seiner Video-Skulpturen deutlich reduziert. Der imposanten skulpturalen Erscheinung seiner früheren Werke der 80er, 90er und frühen 2000er Jahre ist eine einfache Präsentation im schlichten schwarzen Holzrahmen gewichen. Thematisch spielen noch immer das digitale Wasser und das digitale Feuer die Hauptrolle, der alte Heraklith-Gedanke bleibt Werkimannent, aber ihre Erscheinungsweise ist andersartig und andersfarbig geworden. Das flüssige Gold ist als neues Thema hinzu gekommen, Mosaiken vom Markusdom in Venedig spielen eine größere Rolle und die Splash-Arbeiten in verschiedenen, zum Teil wechselnden Farben erinnern dann doch irgendwie wieder an die Documenta-Arbeit von 1987.

Plessi hat weltweit ausgestellt – auf der Biennale di Venezia, an der Documenta in Kassel, im Guggenheim Museum in New York SoHo, im Pariser Centre Pompidou, der Baseler Fondation Beyeler, im Museo Reina Sofía in Madrid und vielen weiteren renommierten Häusern. Dabei gelingt es ihm, das Technologische nicht als kalte Distanz, sondern als poetisches Ausdrucksmittel zu begreifen. Seine Werke erinnern daran, dass auch im Digitalen eine archaische Tiefe wohnen kann.

Ob als monumentale Videoinstallation, leuchtende Schrift aus LED oder symbolhafte Objekte im öffentlichen Raum – Plessis Kunst ist stets eine Einladung zum Innehalten, zum Staunen und zur Auseinandersetzung mit dem Wandel unserer Welt.

Mit seinem einzigartigen Werk steht Fabrizio Plessi exemplarisch für eine Kunst, die das Analoge und das Digitale, das Menschliche und das Technologische, das Mythische und das Zeitgenössische auf eindrucksvolle Weise vereint.



Dr.  Dorothea  van der Koelen

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