Lawrence Weiner

6. März 2025
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27:16

Lawrence Weiner · 1994

Lawrence Weiner, geboren 1942, war ein US-amerikanischer Vertreter der Konzeptkunst, die aus der Minimal Art hervorgeging. Er stammt aus der Bronx in New York, wo er nach Beendigung seiner Schullaufbahn kurzzeitig das Hunter College besuchte. Er war jeweils vier Mal auf der Documenta in Kassel und der Kunstbiennale in Venedig vertreten.

1969 nahm er an der legendären Ausstellung von Seth Siegelaub zusammen mit Robert Barry, Douglas Huebler und Joseph Kosuth teil. Ab den späten 1960er Jahren wurden Wand-Installationen Weiners bevorzugtes Medium zur Präsentation seiner Textarbeiten, die er als Skulpturen verstand.

In Weiners 1968 erschienenem Buch Statements formuliert er seine Declaration of Intent:

    1. Der Künstler kann das Werk herstellen.
    2. Das Werk kann angefertigt werden.
    3. Das Werk braucht nicht ausgeführt zu werden.

Jede dieser Möglichkeiten ist gleichwertig und entspricht der Absicht des Künstlers. Die Entscheidung über die Ausführung liegt beim Empfänger zum Zeitpunkt des Empfangs.

 

Wie die meisten Werke von Lawrence Weiner bezieht sich auch die zweiteilige Textinstallation Water and Salt with or without Sand in der Ausstellung Vorstellungsrealitäten aus dem Jahre 1994 auf den Unterschied zwischen den Gegenständen der Wahrnehmung und der Realität der Sprache. Impliziert ist in seinen Arbeiten etwas Elementares, Umfassendes, die Frage nach den Möglichkeiten, etwas zu erkennen ebenso wie die Frage nach der Wirklichkeit, unabhängig vom Menschen. Die Universalität und künstlerische Bedeutung seiner Texte beruht auf diesen Voraussetzungen. Der Leser und Betrachter wird unmittelbar vor diese ontologische Problematik gestellt. Es geht hier nicht um Erklärungen oder Antworten, sondern um Fakten. Dabei erscheint die Sprache als selbstständige Realität. Sie ist dann nicht mehr nur ein Mittel der Kommunikation, ein Instrument, um etwas außerhalb ihrer selbst darzustellen. Sie evoziert eine vorgestellte Welt mit all den Formen und Eigenschaften der Materie und den vielen Beziehungen zwischen den einzelnen Objekten. Es gibt Arbeiten von Lawrence Weiner, in denen er der Definition einer bestimmten Realität den Gegenstand der Wahrnehmung gegenüber stellt, auf die sie sich bezieht. Beide Möglichkeiten von Realität, die Vorgestellte und die Wahrnehmbare, werden auf diese Weise mit all ihren fundamentalen Unterschieden erfassbar.

Die Vorstellungsrealitäten Water & Salt und Fire & Water aber bleiben innerhalb der Sprache. Eine gegenständliche Wiederholung wäre bei diesen komplexen Werken auch gar nicht möglich. Für die Rezeption dieser Texte ist es wichtig, alle Aspekte zu berücksichtigen. Jede der beiden Arbeiten befindet sich auf einer senkrechten Wand, nicht am Boden oder auf einer schrägen Oberfläche und besteht aus zwei Teilen, jeder Teil ist durch Linien nochmals geteilt. Feuer und Wasser sind Elemente, die sich ausschließen. Wo das Eine ist, kann das Andere nicht sein. Der Sand ist hier, was seine Eigenschaften in Bezug auf das Feuer betrifft, so verschieden sie sonst sind, eher in Zusammenhang mit dem Wasser zu sehen. Anders bei Water & Salt. Salz löst sich im Wasser auf. Der Text ist über den Linien Englisch, darunter Deutsch, die Übersetzungen sind gekreuzt. Die sprachgeschichtlich bestimmte Ähnlichkeit der Substantive im Englischen und Deutschen findet eine Entsprechung in der Grundbedeutung der Stoffe. Sand steht als einziges Wort allein, es ist visuell in beiden Sprachen gleich und nur in der Aussprache verschieden. Eine nicht über die Sprache hinaus transformierbare, künstlerisch besonders subtile Differenzierung ist das & in Verbindung mit einer Waagerechten und das +, integriert in eine schräge Linie. Die Konstruktion des Textes lässt sich hier nicht einfach in eine äquivalente Semantik innerhalb des Gegenständlichen übertragen.

Sowohl der Ort der Präsentation als auch die Form und Farbe der Arbeiten Weiners können nicht beliebig ausgetauscht werden, ohne das Werk selbst zu verändern. Es ist nicht das Gleiche, ob eine Schrift konturiert oder voll ist, ob sie hoch oben auf einer Außenfassade steht, auf einer Ziegelwand, auf Verputz oder in einem Innenraum auf Glas. Ebenso wichtig sind die Gegenstände der Umgebung, der Kontext, die Architektur. In beiden Textinstallationen ist auch die Veränderung der Leserichtung der Wörter ohne und mit von Bedeutung. Sie überschneiden die Waagerechte des übrigen Textes und sind quer von links unten nach rechts oben zu lesen.

In unserem Video der Woche stellt die Galeristin und Kunsthistorikerin Dr. Dorothea van der Koelen, die jahrzehntelang eng und vertrauensvoll mit Lawrence Weiner zusammenarbeitete und ihn in verschiedenen Ausstellungen ihrer Galerie präsentiert hat, diese komplexen Zusammenhänge verständlich dar und nimmt die Zuschauer mit auf eine vergnügliche Reise in die Welt des Künstlers.

Vorstellungsrealitäten

Vorstellungsrealitäten

Dokumente unserer Zeit · 18 1995 EUR 19,–

Lawrence Weiner - Vorstellungsrealitäten
Lawrence Weiner
Vorstellungsrealitäten ‧ 1994
Radierung
33 x 46 cm · Aufl. 60 Ex.
Inv.-Nr. 1052
5 Elements · 2 Times

Lawrence Weiner 5 Elements · 2 Times

Dokumente unserer Zeit · 23 1999 EUR 19,–

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Dr.  Dorothea  van der Koelen

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