Wulf Kirschner
»Lineare Texturen« – 20. Dezember 2017 Galerie Dorothea van der Koelen Mainz
Wulf Kirschner hat sich der Unendlichkeit der Linie verschrieben, sie ist sein Gestaltungs-element. Linie für Linie aufschweißend, erschafft er Zeilen, wie die eines Buches, denen der Betrachter durch die anerzogene Leserichtung folgt. Seine Werke, die zumeist geometrischen Grundformen folgen, sind Ausdruck von Gleichform und Vielfalt. Keine Schweißnaht gleicht der anderen und doch entfalten sie in der Gesamtheit ihre Wirkung. Unvorhersehbar in Ihrer Struktur und Farbigkeit entwickeln die Linien eine malerische Qualität und poetische Schönheit.
Seine Schweißnahtarbeiten zeigen, wie groß die Differenzierungsmöglichkeiten innerhalb eines scheinbar festgelegten Systems sein können. Je nachdem, welches Material er verwendet, können seine Bildwerke eine farbig schillernde Oberfläche aufweisen oder in warmen Erdtönen Harmonie erzeugen.
Mit seinen Reliefs in unterschiedlichsten Größen erzielt er skulpturale Effekte, die durch seine Technik der Schweißspurenbilder wiederum ins Malerische umgekehrt werden. Werke mit Titeln wie Schriftstück oder Willkommene Botschaft erfahren eine mittig-vertikale Unterteilung und suggerieren dadurch die Assoziation eines aufgeschlagenen Buches. Sie unterstreichen den Schriftcharakter und unterscheiden sich optisch von den reihenweise vertikalschraffierten Blechen, die nicht weniger schriftartig und geheimnisvoll anmuten.
Seine zumeist zweifarbigen Frottagen sind in gewissem Sinne zeichnerische Porträts der Reliefoberflächen. Mit seinen Zeichnungen – die für sich selbst stehen und nicht als Entwürfe für seine dreidimensionalen Objekte zu verstehen sind – erforscht der Künstler andere Aspekte der Linie. Sie folgt einer „grafischen Bewegungsgebärde“ verdickt oder verdichtet sich, ufert aus oder ballt sich zusammen.