Vera Röhm

Poetik des Kosmos – 5. Juli 2023 Galerie Dorothea van der Koelen Mainz

Für die Installation Laborinth (2007/2021 ) fügt Vera Röhm drei bogenförmige Segmente zu einem offenen Raum. Auf den freistehenden, über zwei Meter hohen Wänden leuchtet der Satz »Die Nacht ist der Schatten der Erde« in 251 verschiedenen Sprachen. Seit 1985 arbeitet Vera Röhm mit dieser poetischen Aussage, die überliefert wurde von dem barocken Naturforscher, Astronomen und Sprachwissenschaftler Johann Leonhard Frisch (1666–1743).

Das Laborinth lädt angesichts der Mannigfaltigkeit seiner Übersetzungen und Typographien dazu ein, eine polyglotte Welt zu entdecken. Ohne Sprache und Schrift wäre es der Menschheit nicht möglich zu kommunizieren. Dieser Gedanke steckt in der Wortfindung Laborinth, mit der Vera Röhm zwei unterschiedliche Definitionen zusammenbringt: Ihr Werk ist ein Ort der Forschung (Labor) und ein komplexes Netzwerk (Labyrinth).

Das Bogentor (2013/2021) gehört zu einer neuen Serie von Werken. Es handelt sich um Skulpturen aus Cortenstahl und Plexiglas. Sie loten in Varianten den Möglichkeitsraum von Bogen und Tor, die Balance der Formen zueinander und die Freiheit der Figur im Raum aus.

Im zweiten Teil der Ausstellung sind Fotografien und Graphiken zu sehen. Im großen Format zeigt Vera Röhm eine Serie von Bildern, deren Abstraktion ein irritierendes Moment beinhaltet. Farbige Spiegelungen bis hin zur Transparenz lassen in den flächigen Strukturen erahnen, dass es sich nicht um modulierte Flächen, sondern um im Detail gegebene Aufnahmen von einem dreidimensionalen Objekt handelt. Die neue Serie Variationen zur Kreuz-Skulptur (2023) setzt das rationale Prinzip einer konstruktiven-konkreten Tendenz in den 1970er Jahren fort. Die abstrakte Sichtbarkeit der Bilder legt die Inkommensurabilität der Realität offen.

In der vielteiligen Astronomiewand (2004/2023) manifestiert sich Vera Röhms Reiseerfahrung und Auseinandersetzung mit den diversen Quellen der Wissenschaft, der Astrophysik, Astronomie und Kosmologie. Das beeindruckende Nebeneinander von Vera Röhms Fotografien der Sonnenfinsternis im Jahr 1999 oder von historischen Observatorien in Indien und China, ergänzt um Darstellungen von Kupferstichen zur Astronomie des 18. Jahrhunderts oder von Planeten bietet ein raum- und zeitübergreifendes Tableau. Damit ist die Astronomiewand, als Bild der Bilder, Inbegriff einer Poetik des Kosmos, die sich die Menschen von der für sie beobachtbaren und begreifbaren Welt in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft subjektiv vorgestellt haben und vorstellen werden.

Als Künstlerin versuche ich mit verschiedenen Medien das Phänomen Raum und Zeit darzustellen. Die Fotografien der großartigen und monumentalen Anlagen des Observatoriums in Jaipur zeigen die elementaren Prinzipien der Astronomie: den Schatten und seine Bewegung als sichtbares Indiz für komisches Geschehen.

Vera Röhm (2004)

Die Ausstellung Vera Röhm · Poetik des Kosmos ist die vierte Einzelausstellung der Künstlerin in Zusammenarbeit mit der Galeristin Dr. Dorothea van der Koelen. Sie ist vom 22. April bis zum 19. Juli 2023 in den Räumen der Galerie in Mainz- Hechtsheim zu sehen. Zur Eröffnung am 22. April 2023 spricht Prof. Dr. Dieter Ronte in der Cadoro – Zentrum für Kunst und Wissenschaft, Mainz.

Vera Röhm, geboren 1943, studierte an der Académie Charpentier in Paris und an der ECAL in Lausanne. Nach der Rückkehr von Studienaufenthalten in New York, New Mexico und Kalifornien widmete sie sich hauptsächlich der Bildhauerei. Ab 1976 beschäftigt sich die Künstlerin mit den Metamorphosen des Materials (Serie Ergänzungen). Seit 1983 widmet sie sich der visuellen Darstellung von Zeit und Bewegung sowie der Sichtbarmachung kosmischer Zustände mithilfe verschiedener Ausdrucksmittel. In den einzelnen Werkzyklen ihres vielfältigen künstlerischen Schaffens verbindet sie stets exakte Studien mit empirischen Ansätzen, um unsere Vorstellung von Zeit, Raum und Bewegung herauszufordern. Ihre Aufnahmen in ihren fotografischen Werken fokussieren die rhythmische räumliche Konstruktion architektonischer Formen.

Vera Röhm ist Preisträgerin mehrerer realisierter Wettbewerbe für Kunst am Bau. Ihre Skulpturen im öffentlichen Raum stehen in Deutschland und Frankreich. Ihre Werke befinden sich in zahlreichen Museen und Privatsammlungen, u. a. in der Fondation Vasarely, Aix-en-Provence, im Espace Monte-Cristo, Paris, in der Kunsthalle, Mannheim, im Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen, im Hessischen Landesmuseum, Darmstadt, im Mondriaanhuis, Amersfoort, und in anderen Sammlungen in Europa und den USA.

Sie lebt und arbeitet in Paris und Darmstadt.

Publikationen

Opus Ergänzungen

Vera Röhm Opus Ergänzungen

Catalogue raisonné 1975–2013 2017

Vera Röhm · Einblick – Überblick

Vera Röhm Einblick – Überblick

2009

Ergänzungen

Vera Röhm Ergänzungen

Nationalmuseum in Wroclaw
Kunttheorie Band 19 2012

Publikationen über Vera Röhm

Dr.  Dorothea  van der Koelen

Galerie