PRESSEMITTEILUNG  17.11.2005
 

LEUCHTENDES WEISS LEINWAND

Einzelausstellung "Aufbrechendes Licht" von Raimund Girke in Mainz

Unter dem Titel "Aufbrechendes Licht" zeigt die Mainzer Galerie Dorothea van der Koelen, in memoriam an den 2002 verstorbenen Künstler Raimund Girke, anlässlich seines 75. Geburtstages (am 28. Oktober 2005), vom 19. November 2005 bis 20. Januar 2006 eine Einzelausstellung mit Bildern zum Thema ›Licht‹. Zur Eröffnung las Madeleine Girke aus dem Buch "Aufbrechendes Licht" Texte Ihres Vaters.

Die noch zu Lebzeiten mit dem Künstler geplante Ausstellung, zu der auch u. g. Publikation erscheint, welche neben den Exponaten auch Texte des Künstlers enthält, konzentriert sich auf Bildwerke zum Thema Licht. Nach zahlreichen Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, die in der annähernd 20 Jahre währenden Zusammenarbeit zwischen Künstler und Galeristin an vielfachen Orten realisiert werden konnten, sollte diese Ausstellung zwar auch eine Hommage an den 2002 verstorbenen Künstler werden, doch nicht im Sinne einer Retrospektive präsentiert, sondern als Gegenwart, als Anwesenheit formuliert werden. Der Titel »Aufbrechendes Licht« sollte betonen, dass hier nicht das Ende einer künstlerischen Tätigkeit thematisiert, sondern die Aktualität seines Werkes herausgestellt wird.

Zu sehen sind etwa 20 Bilder aus dem letzten Viertel Jahrhundert, die entweder sehr großformatig (200 x 220 cm) und malerisch oder kleinformatig (50 x 40 cm, bzw. 40 x 30 cm) und (nahezu) weiß ausfallen. Nur zwei Bleistiftzeichnungen ergänzen die Ausstellung. Unabhängig von dem differierenden Farbauftrag ist allen Bildern ein inneres Leuchten zu eigen, das sich gelegentlich auch in den Titeln der Bilder manifestiert: Die Welt des Weiß (1992), steigendes Licht (1999) oder lichtes Feld (1999).

Die Farbe Weiß im Werk Raimund Girkes und der Aspekt des Lichtes in seinen Bildern sind unmittelbar miteinander verknüpft.


Im Vorwort zur Publikation heißt es dazu:

"Weiß ist Ruhe und Bewegung, ist Aktivität und Passivität" schreibt Gottfried Boehm. Immer wieder wird die Farbe Weiß mit dem Maler Raimund Girke in Verbindung gebracht, Texte zu seinem Werk, wie der von Wieland Schmied, überschrieben Die Welt des Weiß. Und obgleich das Weiß seiner Werke niemals reines Weiß ist, bleibt der erinnernde Eindruck seiner vielfarbigen und doch nur durch visuelle Sensibilität als solche spürbaren Malereien »Weiß« beziehungsweise viele Weisen von Weiß, die als Farbe selbst in ihrer Reduktion nicht mehr rational fassbar ist. Bei Raimund Girke wird Weiß zur "Metapher für reine Energie, also für Licht" schreibt Matthias Bleyl.

LICHT

Raimund Girke ist der Maler des Lichtes. Wenn er Weiß als Materie in Form von Pigmenten auf seinen Leinwänden aufbringt, erzeugt er damit immaterielle Illusionen von Räumlichkeit. Und wenngleich er im Unterschied zu den Zero-Künstlern seine Bildwerke nie in die dritte Dimension geführt hat, sondern stets als Maler auf der Fläche geblieben ist, so ist doch eine räumliche Komponente, die durch Licht und Schatten hervorgerufen scheint, in seinen Bildern werkimmanent. Erstaunlicherweise findet dieses Licht- und Schattenspiel außerhalb jeder Gegenständlichkeit statt, und man nimmt verwundert eine Wirkung wahr, die doch so gar nicht auf dem Kausalitätsprinzip basiert. Es gibt keine erkennbare Quelle für das Licht, es gibt keine Gegenstände, die Schatten werfen, und dennoch wird eine Räumlichkeit suggeriert, ein Davor und Dahinter, Ferne und Nähe, Offenheit und Geschlossenheit, allesamt räumliche Kategorien, die den Betrachter in die unendliche Bilderwelt Raimund Girkes hineinführen.

Die meisterliche Lichtführung in seinen Gemälden, die Hell-Dunkel-Kontraste und das Leuchten einer nicht sichtbaren Lichtquelle suggerierten bereits im frühen 15. Jahrhundert bei Masaccio eine schwer erklärbare Räumlichkeit, die in der Wirkung eine große Faszination ausübte. Der früh verstorbene Masaccio (1401 - 1428) initiierte zu Beginn des 15. Jahrhunderts die Renaissance-Malerei, indem er die Illusion einer architektonischen Tiefe mit Plastizität der Figuren und Beherrschung des Raumes durch die folgerichtige Licht- und Schattenführung erreichte. Masaccio modellierte seine Figuren und Architekturen aus abgestuften Licht- und Schattenwirkungen, statt sie durch klare Linien festzulegen. Mit Hilfe von Lichtquellen, die zwar unerklärlich waren aber folgerichtig verliefen, erzeugte er ohne komplizierte Architekturen oder Raumgebilde Räumlichkeit von einer verblüffenden Intensität, die in der Hochrenaissance durch die Einbeziehung perspektivischer Konstruktionen ihren Höhepunkt erfuhr.

Gerade diese Lichtführung ist es, die in den Bildern Raimund Girkes Räumlichkeit hervorrufen, Illusionen, erzeugt durch reine Malerei und ohne jegliche Art der Verwendung plastischer Elemente.

Farbe und Licht ist Bewegung, Bewegung ist Zeit. Zeit und Raum sind die Grunddeterminanten bildender Kunst, wiewohl beide nicht anschaulich sind. Die Tatsache, dass sie jeder Anschaulichkeit zugrunde liegen, macht ihre Evidenz aus. Sie werden eingesehen, obgleich sie selbst nicht sichtbar sind. Sie sind synthetische Urteile a priori, Anwendungen der Verstandesbegriffe auf die Gegenstände der reinen Anschauung, auf die Vorstellungen von Raum und Zeit.«

Zur Person des Künstlers:

Raimund Girke, geboren am 28. Oktober 1930 im niederschlesischen Heinzendorf, beginnt sein Kunststudium zunächst an der Werkkunstschule in Hannover (1951-1952), um alsbald an die Staatliche Kunstakademie in Düsseldorf zu wechseln, wo er bis 1956 bleibt. Bereits 1966 beginnt er seine Lehrtätigkeit als Dozent an der Werkkunstschule in Hannover, die er bis 1971, bis zu seinem Ruf als Professor nach Berlin an die Hochschule der Künste ausübt. Dort beendet er 1996 seine Lehrtätigkeit und lebt seitdem in Köln, wo er am 12. Juni 2002 an den folgen einer schweren Krankheit verstarb.

Zahlreiche Preise und Auszeichnungen kennzeichnen sein Werk. Bereits 1959 erhält er der ›Preis der Stadt Wolfsburg‹ für Malerei, gefolgt von dem ›Kunstpreis der Jugend‹ 1962 in Stuttgart. 1995 wird er mit dem ›Lovis-Corinth-Preis‹ ausgezeichnet und 2002 mit dem ›Niedersächsichen Kunstpreis‹ geehrt.

Seine Arbeiten befinden sich in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen im In- und Ausland.


Die Ausstellung ist geöffnet:
21. November 2005 - 20. Januar 2006
Mo - Fr 10.00 - 16.00 Uhr u.n.V.

Im Chorus-Verlag erscheint zur Ausstellung ein Buch in der Reihe Kunsttheorie:

Raimund Girke · Aufbrechendes Licht
Reihe Kunsttheorie - Band 12

Mit Texten von Raimund Girke und einer Einführung von Dorothea van der Koelen
56 S., 22 Abb., davon 20 farbig, 24,5 x 17 cm
ISBN 978-3-931876-57-9
Hardcover
EUR 15,–

Zu diesem Buch:

Anlässlich des 75. Geburtstages von Raimund Girke (* 1930 - † 2002) erscheint im Chorus-Verlag diese Publikation in der Reihe Kunsttheorie. Noch zu Lebzeiten mit dem Künstler geplant, enthält sie – neben einer Reihe seiner Bilder zum Thema »Licht« und einem ausführlichen Vorworttext von Dorothea van der Koelen zu Leben und Werk von Raimund Girke – auch zahlreiche Texte des Künstlers selbst. Die Publikation schließt mit einer ausführlichen Bio-Bibliographie.


GALERIE DOROTHEA VAN DER KOELEN
Hinter der Kapelle 54
D - 55128 Mainz
Tel. +49 - (0)61 31 - 3 46 64
Fax +49 - (0)61 31 - 36 90 76
www.galerie.vanderkoelen.de


Für Fragen oder Presse-Material wenden Sie sich bitte an:
Dr. Dorothea van der Koelen
dvanderkoelen@chorus-verlag.de
(Mob. 0171 - 4 208 280)

Über eine Veröffentlichung würden wir uns sehr freuen!